Wussten Sie schon, dass der Schwarzwald auf den Resten eines über 5.000 Meter hohen Gebirges steht und dass diese Reste heute noch zu sehen sind? Wussten Sie schon, dass dank einer Rebe aus Amerika und dem Erfindergeist unserer Winzer der Weinbau in der Region überhaupt überleben konnte? Und wussten Sie schon, dass unsere heimischen Nadelbäume wahre Wellness-Wunder sind? Nein? ... dann begleiten sie uns in die unbekannte Welt des nördlichen- und mittleren Schwarzwalds.
Stotz ist ein noch recht junger Schwarzwald-Guide. Seine Ausbildung beim Naturpark schloss er erst im Juli dieses Jahres ab. Schon zu dieser Zeit, hatte sich bei ihm ein gewisses Faible für Geologie gezeigt. Trotz seiner noch recht kurzen Laufbahn als Schwarzwald-Guide konnte Stotz bereits einige Erfahrung bei Führungen sammeln.
Die GeoTour Calw führt er nunmehr zum dritten Mal innerhalb eines Vierteljahres, wovon eine Führung vom Landkreis Calw bei ihm für eine Gruppe angehender Ärzte gebucht wurde. Vor kurzem führte er sechzig Schülerinnen und Schüler aus Zypern und Holland im Zuge des ErasmusPlus Generation Green Projekts für das Calwer Maria von Linden Gymnasium und erklärte ihnen wie unsere heimischen Wälder mit dem Klimawandel umgehen. Denn an die Ausbildung zum Schwarzwald-Guide schloss Stotz direkt auch eine Ausbildung zum Klimabotschafter an. „Für mich ist das eine absolut notwendige Ergänzung, da der Klimawandel heute alles um uns herum bestimmt“ so Stotz und fügt hinzu „natürlich nehmen auch meine Gäste die zunehmenden Veränderungen um uns herum wahr, da ist es mir wichtig auf deren Fragen zufriedenstellende Antworten liefern zu können“.
Aus diesem Grund habe er die ursprüngliche GeoTour auch etwas abgewandelt. „Ich Freestyle viel“ womit er meint, dass er an das eigentliche Thema der Geologie andere Themen wie Kulturgeschichte, Forstwirtschaft oder eben die Bedeutung von Kohlenstoff im Hinblick auf den Klimawandel anknüpft. „Jede Gruppe die ich führe ist ein bisschen anders. Da gehe ich ganz intuitiv auf die Fragen ein, die meine Gäste am meisten beschäftigen“ so Stotz und meint „Geologie ist dabei ein wunderbarer Einstieg um auf andere Themen überzuleiten“.
Das das stimmt, erfährt die Gruppe als Stotz eine Spielfigur eines Römers zeigt die erstmal etwas Ratlosigkeit hervorruft. Als Stotz anschließend eine römische Münze aus der Zeit Kaiser Diokletians herumgehen lässt, die einst sein Vater nahe des auf der anderen Talseite gelegenen Rudersbergs gefunden hat, erklärt sich der Zusammenhang. Etwas weiter des Weges meint Stotz dann „hier beginnt jetzt der Totholzpfad“. Diesen Namen hat Stotz diesem Stück des Weges selbst gegeben um seine Gäste zu sensibilisieren, was sie dort erwartet. „Es ist faszinierend wie die Natur Recycling betreibt. Wir Menschen können uns davon viel abschauen“ erklärt Stotz der Gruppe und führt in einem kleinen Experiment vor, wie Pilze das Totholz in seine Ausgangsstoffe zerlegen und sie so dem natürlichen Kreislauf zurückführen.
Natürlich darf bei einer GeoTour die Geologie nicht zu kurz kommen. So fanden sich die Teilnehmer der Tour nach einem kleinen Anstieg inmitten einer steinernen Arena aus haushohen Felsen wieder. Ein alter Bundsandsteinbruch gab aufschlussreiche Einblicke, wie es hier vielerorts unter der Erde aussieht. „Als diese Steine entstanden, war der Nordschwarzwald eine Wüste, ähnlich der Sahara“ meinte Stotz. Über die Jahrmillionen verdichtete sich der Wüstensand immer mehr, bis er schließlich zu Stein wurde. „Das ist bester Badischer Bausandstein“ erklärte Stotz „auch wenn württembergische Steinmetze einen anderen Namen vorziehen“ ergänzte er schmunzelnd.
Als die Gruppe die die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatte stoppte Stotz abrupt und zog mit der Hand eine imaginäre Linie in die Luft. „Hier befinden wir uns ziemlich genau an der Grenze zwischen Schwarzwald und Heckengäu“ erklärte Stotz. Um das zu verdeutlichen, hob er zwei Steine auf, die sich auf den ersten Blick ähnlich sahen. Erst die Probe mit einem Tropfen Salzsäure zeigte, dass es sich bei dem einen Stein um einen Kalkstein handeln musste, während der andere, der nicht auf die Salzsäure reagierte, sich als Bundsandstein entpuppte. „Auf dieser Seite“ erklärte Stotz während er in Richtung des Calwer Stadtteils Stammheim zeigte „befand sich einst das Muschelkalkmeer“. Zur Verdeutlichung wer denn dieses Meer einst besiedelte reichte er einige Versteinerungen herum. „Ammoniten und Belemniten“ erklärte Stotz und fügte hinzu „die Überreste dieser und anderer Schalentiere sind der Grundstoff für den hier vorherrschenden Muschelkalk“.
Nach einem kurzen Abstieg ins idyllische Schlittenbachtal wiederholte Stotz das Salzsäure-Experiment, diesmal jedoch nur mit einem Stein, den er zuvor aus dem Bachbett fischte. Nachdem der Salzsäuretropfen auf dessen Oberfläche traf, begann der Stein heftig aufzuschäumen. „Offensichtlich ein Kalkstein“ meinte Stotz und holte einen Hammer aus seinem Rucksack, mit dem er den Stein zerschlug. Ein rot leuchtender Kern zeigte sich im inneren des Steins. „Diese netten Steine werden auch Schokotrüffel genannt“ so Stotz „denn im inneren des Kalksteins befindet sich ein Bundsandstein“. Um dieses Phänomen besser zu erklären, ging er mit der Gruppe etwas talaufwärts bis zu einem großen Gesteinsblock. Stotz erklärte, „das hier ist Kalktuff, ein Stein, der hier immer noch entsteht“. Ursächlich für die wachsenden Steine sei der Muschelkalk des Heckengäus. Regenwasser würde das Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnehmen und zu Kohlensäure umwandeln, welches beim Kontakt mit dem Kalkstein den Kalk herauslöst. Dieser Kalk wird mit dem Wasser den Bachlauf hinabtransportiert wo er durch Sauerstoffeinbringung und vor allem durch Moose wieder ausfällt. Nach und nach entstehen so neue Steine.
Sobald es um Kohlendioxid geht, kommt dann wieder der Klimabotschafter in Stotz durch. Anhand eines Luftballons zeigte er der Gruppe, wie wachsende Bäume in der Lage sind Kohlendioxid zu speichern und wie sie es im Zersetzungsprozess langsam wieder abgeben. In einem weiteren Schritt diente der Ballon dazu zu verdeutlichen, wie Holz im Einsatz als Baustoff, Kohlendioxid über viele Jahre bindet und wie es das klimaschädliche Gas beim Einsatz als Brennstoff in kürzester Zeit wieder in die Atmosphäre freisetzt.
Während des gemächlichen Rückwegs durch einen wunderbar bunten Herbstwald, durch den dann sogar noch die letzten Sonnenstrahlen durchkamen, wurde eifrig über die verschiedenen Themen des Tages diskutiert. Zurück am Ausgangspunkt angelangt, bedankte sich Stotz bei den Teilnehmern für die geführten Diskussionen.
„Wenn ich es schaffe, zu Diskussionen anzuregen, habe ich mein Ziel erreicht“ meinte Stotz. Das zeuge davon, dass sich seine Gäste mit den Inhalten beschäftigen und sie von verschiedenen Seiten beleuchten. Und es zeige vor allem, dass sie begriffen haben um was es geht. Nämlich die ständige Auseinandersetzung mit der eigenen Umwelt in Verbindung mit dem Interesse, die Zusammenhänge und Wechselwirkungen der Natur besser zu verstehen.
Ergänzung: Die Führung von Nicolai Stotz auf der GeoTour Calw fand am 20.11.2022 statt. Begleitet wurde die Tour von Fotograf Manuel Kamuf aus Gechingen, der uns für diesen Artikel diese schönen Bilder zur Verfügung gestellt hat.